Welche Fragen sollte man sich bei der Auswahl eines Nachtsichtgerätes stellen?
Die Wahl des passenden Nachtsichtgerätes hängt vom Revier, typischen Distanzen, dem Budget und der persönlichen Präferenz ab. Letztlich muss sich der Jäger zwischen Technologie und Montage-Art entscheiden
Technologie: Wärmebild oder Nachtsicht | Beide sind “nachtsicht-fähig”
Montage: Vorsatzgerät (vorne aufs Glas geklemmt) oder Nachsatzgerät (hinten aufs Okular des Glases geklemmt) | ein Wärmebildgerät ist immer ein Vorsatzgerät
Revier und Jagd-Distanzen – Auf kürzeren (Kirrung) und mittleren Jagddistanzen liegt die Leistung der unterschiedlichen Technologien gleichauf. Gerade auf längere Distanzen (Hoher Feld-Anteil im Revier) kann es sinnvoll sein Nachtsichttechnik (Röhre oder Digital) der Wärmebild-Technologie vorzuziehen, da das Ansprechen bei hohen Distanzen mit Nachtsicht sicherer ist.
Typische Witterungsbedingungen – Nachtsichttechnik ist “witterungsempfindlich”. Nebel und Regen beinträchtigen die Sicht und brechen das IR-Licht, bzw. Rest-Licht. Wer in seinem Revier bei typischen Jagdsitatuionen häufig z.B. mit Nebel zu kämpfen hat, sollte dies bei der Wahl der Nachtsichttechnik berücksichtigen. Wärmebild ist hierbei weniger beeinträchtigt.
Bilddarstellung & Ansprechen – Bevorzuge ich ein “echtes Bild” oder eine Wärmesignatur? Nachtsicht liefert ein reales Bild, das auf (Infrarot-)Licht basiert. Wärmebild hingegen überträgt Temperatur-Nuancen in ein für das menschliche Auge sichtbares Bild – es ist also kein “echtes Bild” sondern eher eine Bild-Interpretation durch eine Software. Wer sich für Nachtsicht entscheidet legt häufig Wert auf ein Licht-basiertes reales Bild, da nur durch dieses Bild wirklich exakt auch auf höhere Distanzen hin angesprochen werden kann.
Röhre oder Digital – Weiterhin sind hier noch Digital und Röhre zu unterscheiden. Bei der digitalen Nachtsicht schaut der Jäger durch sein Glas auf einen Monitor. Auch hier findet eine Software-Bildverarbeitung statt – die Darstellung kommt dem “realen Bild” aber bereits sehr nahe. Wer auch diese Bildverarbeitung ausschließen möchte und direkt durch sein Glas in die Nacht schauen möchte, sollte sich unbedingt bei den Röhren Nachtsicht-Geräten umschauen. (siehe auch Anmerkungen weiter unten im Text.)
Vorsatzgerät oder Nachsatzgerät – Nochmal, bei Wärmebild gibt es nur Vorsatzgeräte, bei Nachtsicht gibt es Vorsatzgeräte und Nachsatzgeräte. Nachsatzgeräte sind deutlich günstiger als Vorsatzgeräte.
Nachsatzgeräte – Der Vorteil von Nachsatzgeräten liegt in der einfachen Montage und dem geringem Preis (beginnend ab EUR 350,-). Da die Geräte keine weitere optische Achse erzeugen, gibt es aufgrund des Nachsatzgerätes keine Treffpunktabweichung. Es muss somit auch keine Treffpunktkorrektur vorgenommen werden, was die Bedienung deutlich vereinfacht.
Vorsatzgeräte – Sowohl Wärmebild, als auch Nachtsicht-Vorsatzgeräte liegen preislich deutlich über den Nachsatzgeräten. Beide Technolgien müssen eingeschossen werden, wobei sich die Treffpunktkorrekturen von Nachtsichtgeräten häufig sehr gering bis garnicht vorgenommen werden müssen. Der Vorteil der von Wärmebildvorsatz liegt auf der Hand – das Wärmebild welches das Ausmachen des Wildes extrem vereinfacht.
Nachtsichtvorsatzgeräte sind heutzutage vorallem für zwei Typen von Jägern zu empfehlen. Entweder ich möchte beider Jagd schlichteweg die höchste Leistung auf hohe Distanz haben – dann ist ein Röhren-Nachtsicht-Vorsatzgerät das Mittel der Wahl, da mit hochwertigen Bildröhren nach wie vor das Beste Bild bei hohen Distanzen (vorausgesetzt es sind gute Wetterbedingungen) erzeugt werden kann. Die andere Kategorie an Jägern sind solche, die möglichst einfache Geräte für die Nachtjagd suchen. Also jäger, die mit Digitaltechnik weniger gut zurecht kommen und einfach nur ein Gerät aufstecken und einschalten möchten. Hierfür sind ebenfalls insbesondere die Röhren-Nachtsicht-Vorsatzgeräte zu empfehlen, da diese im Grunde nur einen Ein-/Aus-Schalter und einen Helligkeitsregler für die Röhre haben.
Budget – Die Preise für Nachtsichttechniken unterscheiden sich. Von tendenziell günstig(er) bis teuer lassen sich die Geräte wie folgt staffeln: Digitale Nachtsicht (beginnend ab 500 bis 2.000 EUR), Röhren Nachtsicht (beginnend ab 2.000 bis ca. 10.000 EUR), Wärmebild Vorsatzgeräte (beginnend ab 2.500 bis 7.500 EUR) – Wärmebild ist damit tendenziell teurer als Nachtsicht. Hochleistungs-Nachtsichtgeräte wiederum sind in der Regel deutlich teurer als die meisten Wärmebildvorsatzgeräte).
Was macht ein gutes Nachtsichtgerät aus?
Nachtsichtgeräte arbeiten mit Licht – genau wie das menschliche Auge – nur eben mit dem “Restlicht”. Deshalb werden sie auch “Restlicht-Verstärker” genannt. Vorhandenes Licht wird über Bildwandlerröhren oder Photo-Sensoren für das menschliche Auge sichtbar gemacht. Häufig wird das Restlicht durch Infrarot-Aufheller unterstützt. Es gibt Nachtsichtgeräte mit Bildwandler-Röhren sowie digitale Nachtsichtgeräte. Beide Technologien nutzen Licht bis ins Infrarot-Spektrum (ab 740nm bis über 1.000nm), um Nachtsicht zu ermöglichen.
Unterschiede zwischen Röhren-Technik und Digital-Technik
Röhren Nachtsicht-Vorsatzgeräte
Bildwandler-Röhren bilden die Umgebung nachts im Infrarot-Spektrum ab und nutzen dabei bewährte Technologie, die bis zum heutigen Tage perfektioniert wurde. Röhren-Geräte sind in der Bedienung einfach und häufig “aufs Wesentliche reduziert”: Montieren, ein Mal probeschießen, im Betrieb lediglich fokussieren – fertig. Kein Einschießen, kein WLAN, keine Video-Aufzeichnung, kein Bedien-Menü – nur das “Wesentliche” eben.
Qualität der Röhre – Die Leistung des Röhren-Nachtsichtvorsatzgerätes wird inbesondere durch die Bildwandler-Röhre bestimmt. Hochwertige Röhren sind in der Lage aus wenig Rest-Licht ein helles und dabei kontraststarkes Bild zu erzeugen. Zum einen ist die Röhrengeneration (siehe Erläuterungen unten auf der Seite) und die Güte (Reinheit, Anzahl der Linienpaare und Signalrausch-Verhältnis) bei der Qualität der Röhre wichtig. Beachten Sie bitte, das Bild-Röhren Unikate sind – jede Röhre besitzt ihre Eigenheiten was Helligkeit und Reinheit anbelangt. Viele Hersteller klassifizieren deshalb Röhren in unterschiedliche Güteklassen.
Reinheit der Bildröhre – je weniger (Staub-) Einschlüsse eine Röhre hat, desto “besser” ist sie – ähnlich wie Einschlüsse bei einem Diamanten. Große Einschlüsse (engl. “Spots”) beeinträchtigen mitunter die Wahrnehmung des Schützen und sind deshalb nicht gewollt.
Linienpaare pro Millimeter (Lp/mm)– Bildwandler-Röhren besitzen sogenannte “Lienenpaare”, welche das Äquivalent zur Pixel-Dichte eines Bildschirms beschreiben. ABER: Mehr ist hier nicht immer sinnvoll, denn ab ca. 65 LP/mm kann das menschliche Auge keine weitere Verbesserung der Bildqualität wahrnehmen.
Signal-Rausch-Verhältnis (S/N) – Ein schlechtes Signal-Rausch-Verhältnis wird dem Jäger sichtbar, wenn das Bild “verschneit”, ähnlich dem Bildrauschen einer Digitalkamera bei geringem Licht. Je besser das Signal-Rausch-Verhältnis desto weniger Bildrauschen und Artefakte bilden sich bei geringem Licht und desto besser kann es ohne zusätzlichen Aufheller betrieben werden.
Das Optische System – Die Qualität und der Aufbau des Linsen-Systems haben natürlich auch einen Einfluss auf die System-Leistung. Grundsätzlich gilt: Je größer der Objektivdurchmesser und die Austrittspupille, desto mehr Leistung der Bildwandlerröhre kann realisiert werden.
Bild-Gefühl und Bedien-Gefühl eines Röhren-Nachtsichtgerätes: Röhrengeräte haben ein sehr klares und scharfes Bild. Das Bediengefühl kann man als sehr “direkt” bezeichnen. Man merkt, dass man direkt durch eine Bildröhre schaut und das Bild nicht durch eine Bildverarbeitung beeinflusst wird. Das (Infrarot-) Licht fällt direkt in die Röhre, wird in der Wellenlänge reduziert und trifft dann aufs Auge. Das Ergebnis ist ein scharfes Bild und keine Verzögerung. Ebenso gibt es in der Regel keine Einstellungsmöglichkeiten am Gerät (außer einer Helligkeitsregelung).
Digitale Nachtsicht-Vorsatzgeräte
In den letzten Jahren haben digitale Nachtsichtgeräte Marktanteile gewonnen. Technisch funktionieren sie ähnlich wie digitale Fotoapperate. Ein Halbleiter-Bildsensor wandelt eintreffendes Licht (in diesem Fall bis in den Infrarot-Bereich) in ein elektronisches Signal um, welches verarbeitet wird und auf einem Bildschirm im Gerät dargestellt wird.
Technologie & Auflösung des Photo-Sensors – Die Art und Auflösung des Sensors spielt eine wichtige Rolle für die Leistung des digitalen Vorsatzgerätes. Eine Auflösung von mindestens 640 x480 Bildpunkten ist heutzutage der Standard bei vielen Geräten, wobei einige Geräte auch bereits HD-Auflösung (1.024 x 768 Bildpunkte) bieten. Als Technologie kommt in der Regel ein CMOS Sensor zum Einsatz.
Monitor, Bildfrequenz & Verabreitungs-Geschwindigkeit des Prozessors – Da der Jäger mit dem Auge bei digitalen Vorsatzgeräten im Grunde durch sein Glas auf den Bildschirm im Vorsatzgerät schaut, spielt die Qualität des Monitors sowie die flüssige Verarbeitung des Bildes durch den Prozessor eine wichtige Rolle. Heutige Geräte setzen überwiegend auf OLED Displays mit 1.024 x 768 oder 1.280 x 768 Bildpunkten. Je nach Gerät sind minimale Verzögerungen bei der Bewegung oder bei starken Helligkeitsveränderungen zu spüren.
Das optische System – Das Licht muss wie bei einer handelsüblichen Kamera auch, durch das Objektiv eingefangen werden. Je hochwertiger und größer das Objektiv (zumindest tendenziell), desto besser das Bild. Dies gilt auch für digitale Vorsatzgeräte. Eine möglichst große Austrittspupille unterstützt die System-Leistung des Gerätes ebenfalls.
Bild-Gefühl und Bedien-Gefühl eines digitalen Nachtsichtgerätes: Digitale Vorsatzgeräte haben einen Monitor im Gerät. Man muss sich klarmachen, dass man durch seine Zieloptik auf den Monitor schaut – mit allen Vorteilen (diverse Einstellungsmöglichkeiten der Bildverarbeitung, häufig Extras wie Aufnahmefunktion, Farb-Einstellungen, WLAN) und Nachteilen (ggf. minimale Verzögerungen des Bildes, Bildrauschen bei zu wenig Licht, “zu viele Einstellungsmöglichkeiten”, ggf. ein synthetisches Bild-Gefühl).